Der Bisam trägt Pelz

Das Familienleben einer Bisamfamilie an der Maade, am Tief oder einem Leitgraben in der Abenddäm­merung - gut getarnt - mitzuerleben, ist ein unterhaltsames Vergnügen. Die kleine Gesellschaft kann aus den Eltern und vier bis sieben Jungtieren bestehen. Die etwa 35 Zentimeter großen Nagetiere mit dem ovalen, seitlich abgeflachten Ruderschwanz veranstalten ein ähnlich munteres Zusammenleben wie Wildkaninchen oder Murmeltiere vor ihrem Bau: Da wird durch­einandergelaufen, aufrecht gesessen, sich geputzt, mit Zähneklappern gedroht, gekuschelt, Angriff und Flucht gespielt. So eignen sie sich die notwendigen Fähigkeiten an, denn nur durch eine schnelle Flucht un­ter Wasser können sie Füchsen, Hunden, Greifvögeln und Eulen entkommen.

Aber auch der Mensch stellt dem Bisam nach, um das Unterwühlen von Ufern, Dämmen und Deichen zu verhindern. An sehr gefährdeten Wasserschutzanlagen werden Bisame von beauftragten Fallenstellern ge­fangen.

Mit ihren starken Vorderpfoten und den kräftigen Nagezähnen graben die Tiere in der Böschung meterlange Röhren schräg aufwärts zu ihren großen Wohnkesseln, wobei alle Röhreneingänge unter dem Wasserspie­gel liegen. In Teichen und Seen aber baut der Bisam - ähnlich wie der Biber - große Bisamburgen aus Röh­richt, die bis 1,50 Meter aus dem Wasser ragen können. Die Eingänge der zum Kessel führenden Röhren liegen - wie beim Erdbau - unter Wasser. Durch das Fressen von Rohrkolben, Schilf und Binsen können die Tiere einen kleineren Pflanzengürtel völlig verändern und damit den Lebensraum von Schilfbrütern und Rohrdommeln gefährden.

1906 wurden Bisame aus Nordamerika wegen ihrer Pelze in Europa eingeführt. Seiner Verfolgung setzt der europäische und asiatische Neubürger viele Nachkommen entgegen.

Bisame bekommen im Jahr zwei- bis dreimal Nachwuchs. Im weich ausgefütterten Wohnkessel werden die fünf bis acht blinden und nackten, zwanzig Gramm schweren Jungen geboren. Nach acht Tagen öffnen sie die Augen und betteln mit Piepsstimmen um Nahrung. Schon ab dem zehnten Tag unternehmen sie erste Ausflüge ins Wasser und können sogleich gut schwimmen und tauchen. Sie besitzen an den Füßen Borsten­säume, welche die Zehen paddelartig vergrößern. Zur Unterstützung der Schwimmbewegung schwenkt der Bisam seinen Ruderschwanz hin und her.

Die Jungen werden drei Wochen lang gesäugt. Von da ab ernähren sich die Jungtiere selbstständig von Wurzeln, Wasserpflanzen und Muscheln. Die sehr lebendigen tag- und nachtaktiven Tiere erreichen in der Freiheit ein Lebensalter von drei bis fünf Jahren.

Der Bisam wird auch Zwergbiber, Wasserhase oder Moschusratte genannt, weil das Männchen besonders in der Paarungszeit ein nach Moschus riechendes Sekret absondert. Die wissenschaftliche Bezeichnung „Bi­samratte" (Ondatra zibethicus) ist irreführend, denn der Bisam gehört zoologisch nicht zu den Ratten, son­dern zu den Wühlmäusen. Die Geschlechter sind schwer zu unterscheiden, beide sind ausgesprochen ro­bust und kräftig gebaut und tragen einen bräunlich bis cremefarbenen wasserdichten, sehr weichen Pelz. Die verschließbaren kleinen Ohren sind im Fell fast verborgen. Zur Orientierung dienen den Tieren die Tast­haare an der Schnauze. Bisame können gut hören und riechen, ihr Sehsinn ist dagegen schwächer ausge­prägt.

Während der Biber als erfolgreicher Umgestalter der Wasserlandschaft oft bewundert wird, hat sein kleiner Verwandter, der ähnliche Leistungen vollbringt, nur wenig Fürsprache. Tiere brauchen Freunde. Und wenn er auch unwissend Schaden anrichtet, verdient der Bisam doch unsere Freundschaft.

FD.6.4.2013